Entfallenes

LEICHENPUZZLE - DAS LETZTE STÜCK


Die Frage ist doch immer: Wer?! Also zumindest bei einem Krimi. Und dann kommt noch das: Warum?, klar, dies noch: Wie?, vielleicht noch: Wo?, eventuell: mit Wem?, gegebenenfalls: Was?, letztendlich auch: Wozu? Und die letzte Frage sei hier zügig beantwortet: Zur Freude!


Und zur kompletten Freude und Erbauung soll dieses Hörwerk gereichen, meine – diese – abschließenden Worte lediglich zur weiteren Information. Drum jetzt hier das letzte Stück des Puzzles mit der Beantwortung all der W-Fragen – damit nichts offen bleibt; wir sind um Klärung bemüht! – , um das Ganze fertigzustellen und zu vollenden. Die Idee zu der Geschichte, die ich im Kopf hatte, war schon lange da. Ich stellte mir nämlich die Frage, wie man jemanden dazu bringen könnte, etwas zu machen, was derjenige unter normalen Umständen niemals tun würde, nämlich in diesem Fall: mit einem Schaf schlafen. Dieses zentrale Objekt der faunischen Begierde geriet ziemlich rasch in den Hintergrund meiner Überlegungen, die Frage allerdings blieb: Was wäre wenn...? Und aus dieser Frage und einigen Personenkonstellationen entwickelte sich nach und nach eine Geschichte, die ich aufschrieb und letztlich als Hörspiel umsetzen wollte. Und dann kam mir die Idee, noch bevor das Hörspiel überhaupt fertig war, drei bestimmte Rollen in der Geschichte mit Jochen Malmsheimer, Piet Klocke und Erwin Grosche zu besetzen. Ich fragte die drei, ob sie sich vorstellen könnten, bei dem Projekt mitzumachen und sie sagten – ohne die Handlung zu kennen – sofort zu. Ich freute mich sehr über die Zusage, jetzt war es aber an mir, das Hörspiel fertig zu stellen und die übrigen Rollen zu besetzen. Mit den Dreien hatte ich zwar – was die Besetzung angeht – einen wunderbaren Treffer gelandet, ich brauchte aber noch einige andere Mitspieler und -sprecher, vor allen Dingen mussten die Hauptfiguren (Erzähler, Alfons Friedrichsberg und Jupp Straeten) perfekt besetzt sein. Ich musste nicht lange überlegen, bis mir die Idealbesetzung für den Erzähler einfiel: Henning Venske.


Da ich ihn seit einigen Jahren von Kabarettauftritten her kenne, rief ich ihn an, er hatte Interesse, ich schickte ihm das Hörspielmanuskript zu und kurze Zeit später meldete sich Venske bei mir: „Ich bin dabei.“ Am Tag der Aufnahme fragte mich Venske im Studio, wie er denn den Erzähler anlegen solle. Ich gab die Frage an ihn zurück: Wie würde er ihn denn anlegen? Venske sagte, so, als würde er die Geschichte ein paar Kumpels beim Bier am Tresen in der Kneipe erzählen. Das war exakt meine Vorstellung. Und genau so hat er es gesprochen. Da Venske zu der Zeit gerade mit Jochen Busse zusammen auf Tour war, und ich mir dachte, dass Busse der optimale Sprecher für Straeten sei, bat ich Venske, Busse zu fragen, ob er sich vorstellen könne, mitzuspielen. Jochen Busse las das Buch, rief mich an und sein erster Satz am Telefon war: „Busse hier, ich soll für einen Rentner vorsprechen?!“ Er bekam selbstverständlich die Rolle. Jetzt hatte ich die wichtigsten Pfeiler des Hörspiels beisammen. Nur ein Sprecher fehlte mir: Alfons Friedrichsberg.


Ich bin seit vielen Jahren ein großer Bewunderer von Traugott Buhre. Seine unglaubliche Bühnenpräsenz und Prägnanz, seine pointiertes Spiel und seine großartige Stimme haben mich immer schon fasziniert. Und ich dachte: Wenn einer Friedrichsberg ist, dann Traugott Buhre. Ich nahm Kontakt zu ihm auf, wir trafen uns in seinem Haus in Dortmund, er schaute sich das Buch an, blätterte es durch und sagte zu; was für eine Ehre. Eine kleine Zwischenbemerkung sei mir gestattet: Das Ende des Hörspiels bildet ein letzter Satz, den der große Traugott Buhre spricht: „Das hängt ganz von Ihrem Dessert ab!“ Das Schöne an diesem letzten Satz ist, dass Buhre selbst ein großer Nachtischfreund war. Es passt also kein letzter Satz besser als dieser! Mit diesem ausgezeichneten Ensemble würde das ganze Projekt in seiner akustischen Umsetzung wie von selbst laufen. Jetzt mussten noch die übrigen Sprecher besetzt werden. Alle mitspielenden Künstlerkollegen kenne ich von der Bühne, von gemeinsamen Auftritten und Arbeiten. Und als ich sie anrief, traf, ihnen von meinem Projekt berichtete, waren alle sofort bereit, mitzumachen und mit ihrer Arbeit das Hörspiel zu gestalten. Auch mit den Musikern, Ensemblemitglieder der Duisburger Philharmoniker, habe ich einige gemeinsame Programme erarbeitet und sie setzten sich sofort daran, eigens für das Hörspiel Stücke zu komponieren, zu arrangieren und einzuspielen. Ebenso der Percussionist Markus Paßlick war von der Idee, Klangcollagen und Geräusche für das Projekt beizusteuern, sofort begeistert und machte selbstverständlich gerne mit. Das heißt – alles in allem – : Bei den ersten Aufnahmen in Köln mit Henning Venske waren wir alle (Henning, Alex und ich) sehr konzentriert bei der Arbeit. Vor mir lag der Text es Erzählers, neben mir schaute Alex, ob auch alles seinen geregelten technischen Gang geht und im Aufnahmekabuff las Henning den Erzähler ein. Ich kann gar nicht beschreiben, was für ein Gefühl das war, als Henning Venske, den ich von Kindesbeinen an kenne, die Texte einsprach; Stichwort: Gänsehaut. Aber auch an den Aufnahmetagen in Bochum herrschte bei Arnd Esser im Studio enorm hohe Konzentration, dazu reger Betrieb, ein stetes Kommen und Gehen, ständig ein großes Hallo, wenn ein neuer Kollege kam, ein anderer ging, und viele der Kollegen blieben noch lange Zeit im Studio, obwohl sie nichts mehr zu tun hatten, ihre Arbeit getan war, nur um noch ein bisschen zu verweilen, den Kollegen bei ihrer Sprech- und Spielarbeit zuzuschauen, Tipps zu geben, sich einzumischen und Spaß zu haben. Es wurde getrunken, Frau Weber hatte noch einen Kuchen gebacken, es wurde also auch was gegessen, gequatscht und nebenbei noch was gearbeitet. Oder umgekehrt. Heißt: Alle hatten einen Heidenspaß. Es war wie Klassenfahrt mit Kultur. Die eigentliche Arbeit begann erst danach: Das Schneiden, Zusammensetzen, in Reihe bringen; das Unterlegen mit Geräuschen, von Klängen, das Anpassen von Musik. Das Ausmerzen von kleinsten Fehlern. Und so fügte sich alles auf wunderbare Weise zusammen. Eine unglaublich lange, großartige Arbeit, und all das hat letztendlich dazu geführt, dass nun dieses Hörspiel, das „Leichenpuzzle“, da ist. Die Figuren der Geschichte im Kopf zu haben, dazu jetzt die Interpretationen der Sprecher zu hören, das war und ist ein unermesslicher Genuss. Und Ihnen wünsche ich viel Vergnügen beim Hören, oder besser gesagt (siehe oben): viel Freude!


Ihr Kai Magnus Sting